mehr über Walter Schels

SCHELS' BESONDERER BLICK ...

Schimpanse, 1992
... ist geprägt von seinem starken Interesse am Menschen. Er macht ihn zu einem der vielleicht produktivsten deutschen Fotografen der Nachkriegs-zeit. Sein Werk zeigt die ständige Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Gesicht als Spiegel der Seele. Seine Schwarz-Weiß-Porträts geben Einblicke in Wesen und Psyche der Dargestellten. Sie sind oft intim, emotional, mitfühlend und respektvoll. Bemerkenswert sind ebenso Schels' Tierporträts, die in Komposition und im künstlerischen Ansatz derselben Logik folgen. Selbst viele seiner Stadtlandschaften oder Blumenbilder spiegeln in gewisser Weise verschiedene psychologische Zustände wider und weisen so eine innere Verbindung zu seinen Porträts auf.

Künstlerische Entwicklung

Walter Schels wurde 1936 in Landshut geboren. Von 1957 bis 1965 arbeitete er als Schaufensterdekorateur in Barcelona, Kanada und Genf und zog kurz darauf nach New York, um Fotograf zu werden. 1970 kehrte er nach Deutschland zurück, eröffnete ein Atelier in München und arbeitete für Werbeagenturen und Zeitschriften. Seit den 90er Jahren widmete Schels sich immer intensiver eigenen künstlerischen Projekten.

Mit besonderem Interesse widmet er sich der Darstellung von Menschen in extremen Lebenssituationen. In den 80er Jahren fotografierte er für die Zeitschrift "Eltern" Reportagen über Geburten und entdeckte dabei die Gesichter der Neugeborenen. Ein Schlüsselerlebnis, das ihm half, seinen unverwechselbaren Stil zu definieren. Er basiert auf dem Porträt en face. Die Dargestellten haben direkten Blickkontakt zur Kamera. Mit einem weißen oder schwarzen Hintergrund löst Schels sie aus ihrem sozialen Hintergrund. Die intensive Wirkung seiner Porträts ermöglicht es dem Betrachter, sich mit der eindringlichen physiognomischen Landschaft des einzelnen Gesichts zu konfrontieren. 
Walter Schels, Selbstporträt "Mieses Gesicht", 2002

Grenzen der Existenz

Schels erarbeitete Serien und Langzeitdokumentationen über Blinde, Menschen mit Behinderung, Frühgeborene. Im Jahr 2004 veröffentlichte er zusammen mit seiner Partnerin, der Journalistin Beate Lakotta, das Projekt "Noch mal leben". Doppelporträts und Interviews zeigen todkranke Menschen in Erwartung des Unbekannten - und erneut nach ihrem Tod. In ihren silbrigen Schwarzweiß-Tönen erinnern Schels' Porträts an die viktorianische Post-Mortem-Fotografie, die die Toten wie schlafend, mit geschlossenen Augen und scheinbar tröstlich entspannten Zügen darstellt. Mit dieser Arbeit versuchte der Künstler, seine eigene Angst vor dem Sterben und sein Kindheitstrauma aus dem Zweiten Weltkrieg zu verarbeiten. Für diese Serie erhielt er den Hansel-Mieth-Preis und den zweiten Preis beim Wettbewerb World-Press-Photo 2003. In einer aktuellen Langzeitstudie porträtiert Walter Schels transsexuelle Jugendliche.

Authentische Bildsprache

Mit seinem eigenen Schwarz-Weiß-Stil als Mischung aus Dokumentar- und Kunstfotografie ist es Walter Schels gelungen, sich völlig aus dem üblichen Darstellungskanon zu lösen. So konnte er eine authentische Bildsprache etablieren, die nicht nur aus ästhetischem, sondern auch aus gesellschaftlichem Interesse die Aufmerksamkeit des Betrachters fesselt. Walter Schels lebt und arbeitet seit 1990 in Hamburg. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, seine Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt und sind Bestandteil bedeutender Kunstsammlungen.

 
Hugo Hess, Widewalls/fv

Video

zur Walter-Schels-Ausstellung "Leben" in den Deichtorhallen Hamburg, 2019
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